Keine Massenveranstaltungen, keine Bürgersprechstunden, Wahlkampf digital – Corona hat die Art der Wahlkampfkommunikation verändert. Welche dieser Veränderungen werden über die Pandemie hinaus langfristig Bestand haben?
Corona hat die Art der Wahlkampfkommunikation nicht verändert, aber stärker in den digitalen Raum
verlagert. Digitale Wahlkampfkommunikation kennen wir schon seit dem Bundestagswahlkampf 1998. Mit Blick auf die amerikanischen Wahlkämpfe fanden digitale Wahlkampftechniken schnell Eingang in die deutschen Wahlkampagnen. Jedoch bremsten der Datenschutz und geringe finanzielle Wahlkampfmittel deutscher Parteien den erhofften Höhenflug. Denn gute Digitalwahlkämpfe sind
nicht nur sehr teuer, sondern brauchen auch eine exakte zielgruppenspezifische Ansprache.
Deutsche Kampagnenmacher denken analoge und digitale Kampagnenwerkzeuge immer als Einheit. Daher sind unsere Wahlkämpfe noch immer sehr face to face ausgerichtet. Die Konzentration des Bundestagswahlkampfs lag coronabedingt bewusst auf der kurzen Sommerzeit, während der wir sechs Wochen Straßenund Veranstaltungswahlkampf vor Ort erlebten. Was sich aber im Vergleich zu 1998 stark verändert hat, ist die rasant gestiegene Digitalerfahrung der Wählerschaft. Wir leben heute in einem sehr stark geprägten digitalen Umfeld, gerade in den jüngeren Generationen und Wählerzielgruppen. Es erstaunt daher nicht, dass die bei den unter 30-Jährigen beliebtesten Parteien, Grüne und Liberale, den intensivsten Digitalwahlkampf machten. Seit einigen Jahren erleben wir, dass die traditionellen Grenzen zwischen politischer Online-Kommunikation und alltäglichen Online-Aktivitäten zusehends verschwinden. Es wird zunehmend schwierig, zwischen persönlichen, professionellen und politischen Kommunikationskanälen zu unterscheiden. Auch die Gefahr von Fake News oder gezielter Manipulation von Botschaften steigt. Diese gesellschaftliche Entwicklung einer umfassenden Digitalisierung der Alltagswelt geht vehement weiter und wird, viel mehr als Corona, die Wahlkampfführung von morgen bestimmen.
Der Originalbeitrag erschien in gedruckter Fassung in der Dezember-Ausgabe 2021 des pr-magazin.